Mit oder ohne Testament: Tipps zur Erbausschlagung

Manchmal stellt sich bei einem Erbfall heraus, dass der Verstorbene keinerlei Vermögen besessen hat und neben einigen persönlichen Gegenständen vor allem Schulden hinterlässt. Diese Verbindlichkeiten lösen sich mit dem Tod des Erblassers nicht auf, sondern gehen auf die jeweiligen Erben über. Hierbei spielt es keine Rolle, ob ein Testament  vorhanden ist oder nicht: Wer Erbe wird, ist Rechtsnachfolger. Um hierbei nicht selbst in finanzielle Not zu geraten, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, das Erbe auszuschlagen.

Auch aus anderen Gründen als einer Überschuldung ist eine Erbausschlagung möglich: Unversöhnlicher Familienstreit, steuerliche Aspekte oder andere persönliche Motive – grundsätzlich spielt es keine Rolle, warum eine Erbausschlagung erklärt wird.

Beim Nachlassgericht oder einem Notar
Wer ein Erbe ausschlagen will, muss dies gemäß § 1944 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) innerhalb einer Frist von 6 Wochen tun. Diese Frist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der oder die Erben vom Erbfall erfahren haben. Hat der Verstorbene im Ausland gelebt oder befindet sich der Erbe zum Fristbeginn im Ausland, ist ein wenig mehr Zeit: 6 Monate stehen in solchen Fällen zur Verfügung.

Existiert ein normales oder auch ein Berliner Testament, beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor das zuständige Nachlassgericht die förmliche Eröffnung des Testaments erklärt hat. Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Ausschlagung einer Erbschaft persönlich beim Nachlassgericht am Wohnsitz des Erben oder über einen Notar erklärt werden muss – ein einfaches Schreiben genügt hierfür nicht.

Wichtig und unbedingt zu beachten ist, dass das Erbe als angenommen gelten kann, wenn durch die Erben bereits darüber verfügt wird. Wer also vorschnell in ein geerbtes Haus einzieht, gerät in die Gefahr, den Nachlass auch dann nicht mehr ausschlagen zu können, wenn sich die Immobilie wenig später als hoffnungslos verschuldet herausstellen sollte.

Auch für minderjährige Kinder Erbe ausschlagen
Durch die Ausschlagung treten automatisch die aufgrund der gesetzlichen Erbfolge in der nächsten Linie erbberechtigten Verwandten in die Stellung der Erben ein – in aller Regel sind dies die eigenen Kinder. Insofern muss auch für minderjährige Kinder das Erbe ausgeschlagen werden.

Ist ein minderjähriges Kind selbst Erbe geworden und möchten die Eltern dieses Erbe ausschlagen, benötigen sie hierfür aufgrund der Bestimmungen des § 1643 Absatz 2 BGB eine Genehmigung des zuständigen Familiengerichts. Eine solche Genehmigung kann aber in der Regel dann entfallen, wenn das Kind erst durch die Ausschlagung seines Vaters oder seiner Mutter Erbe geworden ist.

Ganz grundsätzlich und vor allem bei komplizierten Verwandtschaftsverhältnissen kann es sich empfehlen, die Hilfe eines Rechtsanwalts oder Notars in Anspruch zu nehmen, um juristische Fallstricke zu vermeiden.